ORCAS
Die Top-Prädatoren der Weltmeere. In Norwegen, Island und Kanada kann man ihnen begegnen.
Foto: Oliver Dirr / Whaletrips
REVIEW: ORCAS
Schwertwale sind die schlauesten und gefährlichsten Jäger der Meere – wahrscheinlich ist es genau diese Kombination, die es so faszinierend und beeindruckend macht, sie in freier Wildbahn zu beobachten. Man hat ganz automatisch einen irren Respekt.
Außer dem Menschen haben Orcas keine Feinde, nirgendwo, Orcas sind die Top-Prädatoren der Weltmeere, sie stehen am obersten Ende der Nahrungskette. Weltweit. Wenn das Eis der Arktis weiter zurückgeht und Eisbären gezwungen werden, noch mehr Zeit im Wasser zu verbringen, könnten Orcas sogar ihnen gefährlich werden, den größten und stärksten Raubtieren an Land.
Den frühen Walfängern verdanken Orcas den Namen »Killerwal«. Weil sie scheinbar alle anderen Tiere angriffen und töteten, sogar die größten Wale. Vor Orcas hatten selbst Walfänger Angst. Eigentlich zu Unrecht, denn bis heute wurde in freier Wildbahn kein einziger Angriff auf Menschen dokumentiert. Gefährlich für den Menschen scheinen Orcas nur dann zu werden, wenn sie jahrelang von ihrer Familie getrennt in einem Aquarium eingesperrt werden.
Orcas leben in festen Familien, die ein Leben lang zusammen bleiben, Kinder, Enkel, Großeltern, Tanten. Diese Familien nennt man Schulen oder Pods. Zeitweise kommen mehrere verwandte Schulen zusammen und bilden große Gruppen (Clans) von bis zu 150 Tieren. Diese Clans entwickeln sogar eigene Dialekte und Jagdgewohnheiten, über die sie eindeutig voneinander unterschieden werden können.
Einzelne Clans scheinen sich dabei auf eine bestimmte Art von Beute zu spezialisieren – Fische, Robben, Wale – andere mögliche Beute wird dann sogar ignoriert. Oft kooperieren mehrere Pods bei der Jagd, mitunter schließen sich kurzzeitig auch andere Wale an, offenbar ohne jede Angst. Die Jagdstrategien von Orcas sind dabei extrem variabel:
In Norwegen und Island treiben Orcas Herings-Schwärme zu einer großen Kugel zusammen, die sie beständig umkreisen oder mit einer Wand aus Luftblasen einschließen. Dann betäuben sie einzelne Fische mit einem Schlag ihrer Fluke und picken sie heraus.
Einige Orcas in Nordamerika haben sich auf Robben und Seelöwen spezialisiert, die sie manchmal wie einen Tennisball mit der Fluke durch die Luft schlagen. In Südamerika stranden Orcas absichtlich, um durch die Brandung verdeckt junge Seelöwen am Strand zu überraschen und sich dann von der nächsten Welle zurück ins Meer ziehen zu lassen.
In polaren Gebieten kann man beobachten, wie Orcas Eisschollen aufbrechen, auf denen sie beim Spähen Seelöwen oder Pinguine entdeckt haben. Ist die Eisscholle klein genug, schwimmen mehrere Orcas im Verbund darauf zu, tauchen koordiniert ab und erzeugen so eine Bugwelle, die das Opfer hinunterspült. Es konnte auch beobachtet werden, wie junge Orcas diese Technik mehrfach wiederholten und ihr Opfer immer wieder zurück auf die Eisscholle entkommen ließen – offenbar absichtlich, um weiter ihre Jagdtechnik zu trainieren.
Bei der Jagd auf große Wale agieren Orcas dagegen wie ein Rudel Wölfe: Sie hetzen ihr Opfer bis zur Erschöpfung, greifen von allen Seiten an, hindern den Wal von unten am Abtauchen und von oben am Luft holen. Vor Kalifornien wurden sogar Angriffe auf Weiße Haie beobachtet – ohne jede Chance für den Hai: Orcas griffen koordiniert aus mehreren Richtungen an und betäubten den Hai mit gezielten Stößen und Schlägen mit der Fluke. Ein Kampf von wenigen Sekunden.
Die verschiedenen Jagdtechniken unterscheiden sich ebenso wie die Dialekte von Clan zu Clan und werden innerhalb der Familien an die nächste Generation weitergegeben – was man durchaus als Kultur bezeichnen kann.
Orca-Bullen erkennt man ihrer riesigen aufrechten Rückenfinne. Bei den Weibchen ist sie deutlich kleiner und geschwungen.
In British Columbia (Kanada) hat man herausgefunden, dass es ortstreue und nicht ortstreue Populationen gibt (Residents und Transients), weitab der Küsten gibt es offenbar noch eine dritte Gruppe (Offshores), vor Chile wurde kürzlich sogar eine vierte Orca-Art entdeckt, die sich von allen anderen eindeutig unterscheidet.
Die Gruppen unterscheiden sich mitunter stark. Residents wandern auf weitgehend vorhersagbaren Routen, leben in größeren Gruppen zusammen, sind deutlich kommunikativer und ernähren sich meist von Fisch. Transients wandern größere Strecken auf kaum vorhersehbaren Routen, leben in kleineren Gruppen, sind weniger kommunikativ und ernähren sich meist von Säugetieren. Über Offshores weiß man bislang wenig, ebenso wenig wie über die chilenische Unterart.
Orcas sind kommunikative, gesellige, intelligente Tiere – die sich sogar im Spiegel erkennen können und damit eindeutig ein Ich-Bewusstsein haben. Obwohl Orcas eigentlich Delfine sind und eher ihrer Größe wegen als Wal betrachtet werden, sind sie ohne Frage die mit Abstand beeindruckendsten Wale überhaupt.
Foto: Oliver Dirr / Whaletrips
GRÖSSE
Männchen werden 5 bis 9 Meter, Weibchen 4 bis 7 Meter. Das Gewicht liegt bei maximal 10 Tonnen.
FARBE
Schwarz. Weißer Fleck über dem Auge, grau-weißer Fleck unter der Finne, weiß an der Unterseite.
FORM
Schwerer, massiger Körper mit hoher Finne und paddelförmigen Flippern. Schwanz eher schmal.
BLAS
Niedriger, buschiger Blas (1 bis 2 Meter), nicht immer gut zu sehen, dafür aber deutlich zu hören.
FINNE
Riesige Finne, bei Männchen bis zu 2 Meter, sitzt aufrecht und mittig. Bei Weibchen kleiner und sichelförmig.
FLUKE
Oberseite schwarz, Unterseite hell bis weiß. Konvex geschwungen, mit deutlicher Einkerbung in der Mitte.
VERHALTEN
Orcas sind neugierig, springen und spähen häufig. Sie nähern sich gern Booten und begleiten sie gelegentlich.
TAUCHGÄNGE
Keine längeren Tauchzeiten, meist nur 1 bis 3 Minuten und sehr kontinuierlich an der Oberfläche.
BESTAND
Orcas sind weit verbreitet und kommen in allen Meeren vor. Weltweit gibt es wahrscheinlich ca. 50.000 Tiere.
Foto: Oliver Dirr / Whaletrips
CHECKLISTE: ORCAS
Schwertwale bilden oft Schulen mit bis zu 25 Tieren. An der Oberfläche sind sie meist ziemlich aktiv.
Auf der Wanderung sind Schwertwale meist mit bis zu 10km/h unterwegs, auf der Jagd auch deutlich schneller, es wurden schon Geschwindigkeiten von bis zu 54km/h gemessen.
Für das Whale Watching sind vor allem die ortstreuen Populationen interessant: Residents bilden meist Schulen von 5 bis 25 Tieren, deren Tauchsequenz meist einem festem Muster folgt – sie tauchen 3 bis 4 Mal in Abständen von 10 bis 30 Sekunden, danach folgt ein längerer Tauchgang von 3 bis 4 Minuten. Ihre Routen sind gut vorhersehbar.
Transients dagegen sind in kleineren Gruppen unterwegs und oft bis zu 15 Minuten unter Wasser. Dabei ändern sie oft die Richtung, so dass es schwer vorherzusagen ist, wo sie als nächstes auftauchen.
Sowohl Erwachsene als auch Jungtiere springen häufig, dabei machen sie einen eleganten, oft seitlichen Sprung, bei dem der komplette Körper aus dem Wasser gehoben wird. Danach landen sie mit lautem Platscher auf dem Rücken, dem Bauch oder der Seite.
Auch Spyhopping kann oft beobachtet werden, dabei kommen Orcas so weit aus dem Wasser, dass sogar die Flipper sichtbar werden. Oft schauen sich auch mehrere Tiere gleichzeitig um. Die Tiere versuchen auf diese Weise, sich besser zu orientieren – sie können über Wasser beinahe ebenso weit schauen wie Menschen.
Anhand der Finne und der Farbmuster und auch anhand der Zusammensetzung der Gruppe lassen sich einzelne Orcas sehr gut identifizieren, so dass man schon direkt auf dem Boot viele Informationen zu den gesichteten Tieren bekommen sollte.
Foto: Oliver Dirr / Whaletrips
WO UND WANN: OrcaS
Obwohl Schwertwale in allen Weltmeeren vorkommen, gibt es nicht viele Orte auf der Welt, an denen man sie auch verlässlich beobachten kann.
Schwertwale leben in allen Weltmeeren und gehören zu den am weitesten verbreiteten Säugetieren der Welt. Sie halten sich allerdings lieber in kalten polaren als in sub-/tropischen Gewässern auf. Die Routen der Residents sind gut vorhersehbar, die der Transients sind dagegen noch immer recht unbekannt. Obwohl Schwertwale so weit verbreitet sind, gibt es allerdings nicht unbegrenzt viele Orte, an denen sie gut und verlässlich zu beobachten sind:
Im Winter hat man im Norden Norwegens (ab Tromsø nordwärts) sehr gute Chancen, wenn sich der Hering in großer Zahl in den Fjorden versammelt. Von November bis Februar trifft man hier sehr verlässlich eine große Zahl an Residents. Ab dem Frühjahr verteilt sich der Hering allerdings in alle Richtungen – ebenso die Orcas. Vor der Küste von Andenes begegnet man Orcas auch unabhängig vom Hering, denn hier leben Gruppen, die sich eher auf Seehunde spezialisiert haben.
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Im Sommer hat man an den Küsten von British Columbia die besten Chancen, vor allem im Norden von Vancouver Island und in der Strait of Georgia, wo die Residents dem Lachs folgen. Wo die Tiere allerdings den Winter verbringen, ist noch immer unklar. An den nordamerikanischen Westküsten hat man auch gute Chancen, Transients auf der Jagd nach Robben zu begegnen.
Auf Island kann man sowohl im Sommer als auch im Winter Orcas beobachten, allerdings nicht ganz so verlässlich wie in Norwegen und Nordamerika. Ein weiterer guter Ort für Orca-Beobachtungen ist die Straße von Gibraltar im Hochsommer. Darüber hinaus können sie mitunter auch in Irland, Schottland, Grönland oder bei den Faröer Inseln gesichtet werden.
Im Süden ist vor allem die Valdes Peninsula in Argentinien interessant, wo Transients im Februar und März direkt am Strand auf der Jagd nach jungen Robben und Seeelefanten sind, die dort zu dieser Zeit ihre ersten Schwimmversuche unternehmen. Auch in den Fjorden der Südinsel Neuseelands lassen sich regelmäßig Orcas beobachten.
Der weltweite Bestand an Orcas ist unbekannt, wahrscheinlich sind sie nicht akut vom Aussterben bedroht, vom Walfang wurden sie weitgehend verschont. Man geht von ca. 50.000 Tieren aus. Eine Gefährdung geht allerdings auch vom an vielen Orten überhand nehmenden Whale-Watching-Tourismus aus, wo sich zu viele Anbieter auf zu engem Raum drängeln und die Tiere so erheblich gestört werden – das gilt besonders auch für das mittlerweile inflationär betriebene Tauchen mit Orcas.
Wenn man in einem Hafen vier, fünf, sechs verschiedene Whale-Watching-Anbieter findet, sollte man sich also lieber einen anderen Ort suchen.
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